Page 130 - Backes&Müller-AKS-Katalog-2015
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BACKES&MÜLLER - JOHANNES SIEGLER IM GESPRÄCH MIT ANDREAS KÜHN
Maßgeblich zum Erfolg von Ba- ckes&Müller hat Johannes Sieg- ler beigetragen. Kein Entwickler zuvor hat in der 40-jährigen Fir- mengeschichte so umfangrei- che Innovationen eingebracht, wie der Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik. Innovationen, die konsequent bis zur Mark- treife entwickelt wurden. Im Interview beschreibt Herr Sieg- ler einige Meilensteine der Ba- ckes&Müller-Technik.
Andreas Kühn | Herr Siegler, in welchem Zeitraum entstand die Technologie, auf der die Line-Serie basiert?
Johannes Siegler | Ab 1992 hatte KS Digital die ersten digi- tal entzerrten Aktivlautsprecher entwickelt, die von KS Audio vermarktet wurden. Dies waren hochwertige Lautsprecher für Theater und High-End Beschal- lung. Die damaligen Lautspre- cher hatten zwei Neuerungen zu bieten. Zeitrichtigkeit, also Phasenlinearität, und praktische individuelle
Einmessmöglichkeiten. Zur damaligen Zeit haben digita- le Komponenten in der Audi- otechnik oft hart und digital geklungen. Wir haben eine neue Technologie eingeführt, die die etwaigen Nachteile bei der Digitalisierung vermied. So wurde dann 1996 der erste digital entzerrte, phasenlinea- re Studiomonitor weltweit von uns präsentiert und im Markt akzeptiert. Die Wiedergabe ohne Phasendrehung über den Frequenzbereich war damals eine kleine Sensation und bildet auch heute noch im Lautspre- cherbau die Ausnahme.
Andreas Kühn | Wo sahen Sie weiteres Entwicklungspotential?
Johannes Siegler | Ganz we- sentlich für die Wiedergabe von Musik über Lautsprecher ist de- ren Abstrahlverhalten, also die Frage, unter welchem Winkel ein Lautsprecher seinen Schall hauptsächlich abstrahlt. Bei Live-Beschallung leuchtet das sofort ein, da hier die
Schallenergie möglichst ohne große Verluste direkt zum Hö- rer soll. Schließlich muss jeder Lautsprecher, jede Endstufe, die zusätzlich benötigt wird, auch aufgebaut und transpor- tiert werden. Allerdings ist das Abstrahlverhalten eines HiFi- Lautsprechers im Wohnzimmer ebenso von eklatanter Bedeu- tung.
Andreas Kühn | Wo liegt das Problem?
Johannes Siegler | Ein her- kömmlicher Lautsprecher über- trägt den Schall als „Rundum- strahler“. Viel Energie wird in den Raum an Decke und Boden abgestrahlt, nur ein kleiner Teil wird direkt zum Ohr des Hö- rers gebracht. In geschlosse- nen Räumen werden so Wand-, Boden- oder Deckenflächen zu Reflektionsflächen. Der daraus entstehende Hall führt zu einer Verfärbung und Veränderung des Musiksignals. Es ist viel sinnvoller, mehr Energie direkt an das Ohr des Hörers zu brin- gen.
Andreas Kühn | Die Lösung liegt also in der Schallbünde- lung direkt auf den Zuhörer, damit sich Raumeinflüsse redu- zieren...
Johannes Siegler | Etwa seit dem Jahr 2000 setzt man so genannte „Line Arrays“ für hochwertige Beschallungen ein. Mehrere Hochtöner und Mit- teltöner werden jeweils in eige- nen Gehäusen kombiniert, die gemeinsam eine Zylinderwelle bilden. Das hat zur Folge, dass bei einer Entfernungsverdoppe- lung die Schallenergie nicht um 6 dB abnimmt, wie bei einer
 Andreas Kühn (links) und Johannes Siegler (rechts) beim Gespräch in der Analog- Ecke im Werk Saarbrücken
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